Hymne auf Johann Wolfgang von Goethe

 

 

Der Sommerabend war noch lau,
Der Himmel glänzt in spätem Blau;
Frohen Gemüts der Wandrer schritt,
Bedächtig setzte jeden Tritt
Und leise lächelnd lauschte
Wie der Wind im Walde rauschte.
Und wie er ging durch Heidelbeer
Berührt ihn die Erinn’rung sehr,
Er gedachte alter Zeiten
Und ließ sich von ihnen leiten
Zu des hohen Berges Kuppe,
Umstanden von grünender Gruppe.
In dem vertrautem Jagdhaus
Blickt’ er zum Fenster hinaus
Über der Erde Breite
Bis zu des Himmels Weite.
Er sah den Wald in sattem Grün,
Des Frühlings letztes Abschiedsblühn,
Der Farben sommerliche Pracht,
Und die hereinbrechende Nacht.
Der Schleier senkte sich herab,
Gleich einem Sarge in das Grab.
Und als die Dunkelheit hing,
Der Wind zum Hauche verging,
Schliefen die Berge ein,
Denn die Nacht brach herein.
Es verklang das Blätterrauschen,
Die Bäume huben an zu lauschen,
Ihres Laubes Tuscheln verhielt,
Als die Brise Windes Nachtlied spielt’.
In Schlafe sanken die Gipfel,
Wind wisperte jedem Wipfel;
Die Vöglein nicht mehr riefen,
Die Tiere im Walde schliefen;
Die Schöpfung ruhte in Schlummer,
Gebrechend an Gram und Kummer.
Der Wandrer sprach mit Tränen:
 „Ich darf mich hier nun wähnen,
Ganz allem Endlichen gleich,
Einzugehen in Schlafes Reich;
Wie Leben all begrenzt zu sein,
Ein Wandrer nur in dunklem Schein-
’S ist alles nur ein Gleiches:
Wir streben vom Dunkel zum Licht,
Doch können es hier finden nicht,
Müssen immer strebend uns müh’n,
Dann darf uns die Ewigkeit blüh’n.
Und um ein Großer zu werden,
Muss man es auch sein auf Erden.“
Drauf bleiben tat der Wandrer nicht,
Er stieg hinan, und um ihn ward Mehr Licht!

 

 

Julia Grauer

Herbertingen, 14.05.2005

 

Julia Grauer, 26.06.2005